Mit Erstaunen hat die Kreis-SPD die offensiven Äußerungen von Landrat Fritz Brechtel zu der von der SPD vorgeschlagenen Konsolidierung des maroden Kreishaushalts zur Kenntnis genommen. Aus Sicht der SPD versuche Landrat Brechtel jegliche Kritik abperlen zu lassen und die Schuld für die Finanzkrise des Landkreises dem Land Rheinland-Pfalz in die Schuhe zu schieben. Die SPD stellt dabei klar, dass die Landesgesetzgebung für alle Landkreise gilt und damit offensichtlich ist, dass der Kreis unter diesen einheitlichen Rahmenbedingungen selbst aufgefordert ist, seine Finanzen zu ordnen. Was anderen Landkreisen gelinge, müsse auch hier möglich sein. Dass der Kreis Germersheim als wirtschaftlich zweitstärkster Landkreis im Land so schlechte Finanzdaten vorweise, sei ein Armutszeugnis.
„Wir haben keinerlei Verständnis mehr für die Verweigerung des Landrats, echte Sparmaßnahmen zu ergreifen“, so der Bürgermeister der Stadt Wörth am Rhein, Dennis Nitsche. „Es ist zutreffend, dass die SPD in den vergangenen Jahren sehr konstruktiv mitgearbeitet hat – dabei wurde jedoch stets auf die problematische Haushaltssituation hingewiesen und Maßnahmen angemahnt.“ Diese seien jedoch ignoriert worden, sodass die SPD im Kreis sich nunmehr gezwungen sieht, auch öffentlich deutlichere Kritik zu üben. Bereits dem letzten Kreishaushalt habe die SPD daher nicht zustimmen können. „Wir haben zahlreiche Vorschläge zur Sanierung des Haushalts vorgelegt. Davon wurden auf unseren Druck einige bereits umgesetzt. Andere hat der Landrat schlichtweg abgewiegelt. Beispielsweise ist es nicht Kernaufgabe des Landkreises, Produktionshallen im Industriepark Wörth zu betreiben“, betont Nitsche. Dort seien Kreismillionen gebunkert, die für den Schuldenabbau einsetzbar wären. Weitere Einsparmöglichkeiten sieht die SPD im Büro des Landrats: „Allein der unmittelbare Mitarbeiterkreis des Landrats (ZB 11 Büro Landrat) verursacht 917.900 € (Ansatz 2019) Personalkosten“, kritisiert Reinhard Scherrer, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Hagenbach. Zudem: „Es ist nicht Aufgabe des Wörther Bürgermeisters oder der SPD als Opposition im Kreistag, den Kreishaushalt zu sanieren – das ist die ureigenste Verantwortung des Landrats selbst. Wir sind sehr enttäuscht, dass man unseren konstruktiven Vorstoß so ins Leere hat laufen lassen.“
Landrat Brechtel selbst habe in der sogenannten Konsolidierungskommission keinen einzigen Cent an Einsparungen vorgeschlagen, die Kreismitarbeiter hätten keinen erkennbaren Auftrag gehabt, Einsparvorschläge vorzulegen, sondern hätten lediglich über ihre Aufgaben referieren dürfen. „Bei einer großen Behörde mit über 500 Mitarbeitern ist es ein Offenbarungseid, wenn man keinerlei Einsparmöglichkeiten erkennen will“, ergänzt Reinhard Scherrer. „Die Aussage, der Kreis habe Pflichtaufgaben, ist eine Nebelkerze des Landrats. Kein Mensch fordert Kürzungen für soziale Einrichtungen – erst recht nicht die SPD! Aber es ist selbstverständlich, dass die verwaltungsinternen Vorgänge und die Organisation auf Effizienz geprüft werden müssen.“ Die SPD werde den Landrat in den kommenden Jahren stetig an die Finanzmisere erinnern und baut auf ein gutes Ergebnis bei den Kreistagswahlen um den offensichtlich erforderlichen Druck aufbauen zu können.
Zudem verbittet sich die SPD, vom Landrat „Stammtischparolen und Polemik“ vorgeworfen zu bekommen. Das sei kein sachlicher Stil im Umgang.